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Kammergericht: Beim Verkehrsunfall sind in der Regel die Gutachterkosten zu erstatten.

Kammergericht: Beim Verkehrsunfall sind in der Regel die Gutachterkosten zu erstatten.

Beim Verkehrsunfall ist es so, dass der Geschädigte grundsätzlich das Recht hat einen Gutachter selbst zu bestellen und ein Gutachten über die Höhe des Schadens einzuholen. Eine Ausnahme gilt bei sehr geringen Schäden. Die Feststellungen des Gutachters sind allerdings für die Gegenseite nicht bindend. Im schlimmsten Fall werden bestimmte Feststellung bestritten, was nicht selten vorkommt, und letztendlich muss man sich dann vor Gericht auseinandersetzen. Das Gericht wird dann selbst nochmals ein Gutachten einholen.

Entscheidung des Kammergerichts über die Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten beim Unfall

Das Kammergericht in Berlin (OLG Berlin) hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit die Gutachterkosten für die Erstellung eines Schadengutachtens, die zur Schadensfeststellung erforderlich sind, zu erstatten sind. Dies wurde unproblematisch bejaht. Problematisch war aber, in welcher Höhe diese Kosten zu erstatten sind. Das Gutachten war in dem entsprechenden Fall etwas teurer als wohl der Versicherung der Gegenseite dies genehm war. Die Versicherung reguliert nicht vollständig. Der Rechtsanwalt des Geschädigten klagte und trug vor, dass Gutachterkosten in dieser Höhe auch erforderlich und angemessen sind und von daher von der Gegenseite zu tragen sind. Die Basis für die Höhe der Gutachterrechnung bildeten die Grundhonorar- und Nebenkostentabellen (jeweils Nettowerte) zum sogenannten Honorarkorridor HB III, die der Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Fahrzeugwesen e.V. (BVSK) veröffentlich hat. Die Versicherung meinte, die Gutachterkosten liegen über den üblichen Gebühren. Das Kammergericht (Urteil vom 30.04.2015 - 22 U 31/14) stimmte dem letztendlich zu und führte dazu aus: Die zur Schadensfeststellung erforderlichen Kosten eines Kfz-​Sachverständigengutachtens gehören zu den Kosten der Wiederherstellung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und sind vom Schädiger zu erstatten. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht ist der Geschädigte gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gehalten, den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen zu halten, wobei insofern eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen ist. Dabei ist der Geschädigte regelmäßig nicht verpflichtet, sich nach dem günstigsten Sachverständigen zu erkundigen. Vielmehr darf er sich damit begnügen, den für ihn in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen und muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Preise für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. BGH, Urteile vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 – und vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13 – jeweils unter juris, m.w.N.). .... Entscheidend ist demnach, ob die vom Kläger berechneten Vergütungen (noch) innerhalb dieses branchenüblichen Vergütungsrahmens liegen. Der Senat hält in den vorliegenden Fällen die aufgrund der BVSK-​Honorarbefragung 2008/2009 ermittelten Tabellen für eine geeignete Schätzungsgrundlage sowohl für das Grundhonorar als auch für die Nebenkosten. Die dort enthaltenen Werte beruhen auf einer breiten Erfassungsgrundlage (etwa 85% der aktiven BVSK-​Mitglieder haben sich beteiligt) und sind als repräsentativ zu betrachten. Der Honorarkorridor HB III enthält Werte, die je nach Schadenshöhe von 40% bis 60% der Verbandsmitglieder als Honorare berechnet werden, was deutlich dafür spricht, dass es sich um die übliche Vergütung handelt. Die Heranziehung der Tabellen zur Ermittlung der üblichen Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach einer festen Übung für die Werkleistung gewährt zu werden pflegt, entspricht daher pflichtgemäßem Ermessen nach § 287 ZPO. Hier fehlt es jedoch an einer vergleichbaren vertraglichen Vereinbarung, so dass es dem Kläger nicht verwehrt war, seine Nebenkosten nach den üblichen Pauschalen der BVSK-​Nebenkosten​tabelle 2008/2009 abzurechnen. Anmerkung: Die Erstattung der Gutachterkosten ist der Praxis selten streitig. Wir war das Problem, dass die Versicherung meinte, der Gutachter hätte zu viel abgerechnet. Wichtig ist, dass bei Bagatellschäden nicht sofort ein Gutachten eingeholt wird, sondern erst bei der Versicherung der Gegenseite nachgefragt wird. Die Bagatellgrenze wird man wohl bei rund € 1.000 ziehen müssen. Hier kann es dann tatsächlich Probleme mit der Erstattung geben, wenn nicht nachgefragt wird. Ansonsten kann der Geschädigte sich den Gutachter aussuchen und gleich nach dem Unfall ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Ich vertrete im Verkehrsrecht und helfe bei der Abwicklung von Verkehrsunfällen in Berlin- Brandenburg. Rechtsanwalt Andreas Martin - Kanzlei Marzahn

Andreas Martin
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