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Weshalb sollte man unbedingt Stundenzettel und Arbeitszeitnachweise als Arbeitnehmer aufbewahren?

Stundennachweise sind Beweismittel Weshalb sollte man Stundenzettel unbedingt aufbewahren?

Sind Stundenzettel Beweismittel?

Was muss der Arbeitnehmer bei einer Lohnklage vortragen?

Wie können hier Stundennachweise helfen?

Welche Rolle spielen sog. Ausschlussfristen beim Arbeitslohn?

Stundennachweise eignen sich als spätere Beweismittel

Arbeitsstundenzettel spielen bei der Durchsetzung von Lohnansprüchen eine entscheidende Rolle. Wer keinen Arbeitslohn verlieren will, sollte genau darauf achten, dass er alle Stundenzettel aufbewahrt. Kopien der Stundenzettel sind hier ausreichend. Es ist also kein Problem, wenn der Arbeitgeber allein die Arbeitsaufzeichnungen im Original hat.

Lohn effektiv geltend machen

Oftmals rufen bei mir (Rechtsanwalt A. Martin - Anwalt in Berlin Marzahn) Arbeitnehmer an, die noch ausstehenden Lohn gegen den Arbeitgeber geltend machen wollen. Häufig bestehen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Lohnzahlungsansprüche.  Diese Ansprüche wollen dann Arbeitgeber gegen den Arbeitgeber geltend machen. Die erste Wahl ist dafür die Lohnklage vor dem Arbeitsgericht. Dies sind oft zum Beispiel nicht bezahlte Überstunden oder auch nicht bezahlte Stunden für Reisen zur Fortbildung oder für Fahrten zwischen den einzelnen Arbeitsstellen oder Kunden. Oft zahlen hier Arbeitgeber nicht und der Arbeitnehmer kümmert sich erst darum, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist. Im bestehenden Arbeitsverhältnis rügen viele Arbeitnehmer dies nicht, um das Arbeitsverhältnis nicht zu gefährden.

Arbeitsstundenzettel und beweissichere Lohnklage

Später dann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, dann werden solche Ansprüche oft von Arbeitnehmers geltend gemacht. Hier können die Stundenzettel helfen und wichtige Beweismittel sein. Zumindest sind die Stundennachweise aber Voraussetzung für einen konkreten und substantiierten) Sachvortrag des Arbeitnehmers im Arbeitsgerichtsprozess.

Oft werden Ansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitnehmers eingefordert, was grundsätzlich möglich ist. Ich berate Sie gern!

Wer muss die Stundenzettel führen?

Ab dem 1. Januar 2021 erhöht sich in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn auf 9,50 € brutto je Stunde. Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, dass dieser Mindestlohn auch tatsächlich gezahlt wird. Um dies zu realisieren hat er die Arbeitgeber in bestimmten Branchen verpflichtet die Arbeitszeit zu erfassen. Diese ist die sogenannte Dokumentationspflicht des Arbeitgebers.

Besteht eine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers zur Aufzeichnung der Arbeitszeit?

Wichtig ist, dass diese Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit den Arbeitgeber nur in bestimmten Branchen trifft, daher besteht für den Arbeitgeber keine allgemeine Aufzeichnungspflicht täglichen Arbeitszeit.

Entscheidung des EuGH zur Arbeitszeiterfassung

Nach der Entscheidung des EuGH vom 14.5.2019 – C-55/18 sind die Mitgliedsstaaten verpflichten, dafür zu sorgen, dass Arbeitgeber die tägliche Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer erfassen. Nach den Europäischen Gerichtshof kann nur so gewährleistet werden, dass die Höchstarbeitszeiten nicht überschritten werden. Diese sind in Deutschland im Arbeitszeitgesetz geregelt. Es ist immer noch nicht ganz klar, welche Auswirkung dieses Urteil des Europäischen Gerichtshof hat. Es gibt einige Juristen, die der Meinung sind, dass nun die Arbeitgeber generell die Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzeichnen müssen. Dazu gibt es aber noch keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts.

In welchen Branchen muss die Arbeitszeit aufgezeichnet werden?

Die Dokumentationspflicht gilt nach dem Mindestlohngesetz generell nur für geringfügig Beschäftigte und die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Wirtschaftsbereiche. Dazu zählen z.B. das Baugewerbe, Gaststätten und Herbergen, Speditions-, Transport und Logistikbereich, Unternehmen der Forstwirtschaft, Gebäudereinigung, Messebau, Fleischwirtschaft und Zeitungszusteller sowie Beschäftigte im Paketdienst.

Erfassung der werktäglichen Arbeitszeit durch Arbeitnehmer oder Arbeitgeber?

Der Arbeitgeber kann das Führen von Arbeitsstundenzettel an den Arbeitnehmer delegieren. Trotzdem bleibt er aber gegenüber den Behörden verantwortlich dafür. Er kann auch selbst über digitale Systeme die Arbeitszeit erfassen. Die Vorteile der digitalen Erfassung der geleisteten Arbeitszeit bestehen in der Automatisierung und des geringen personalen Aufwandes für den Arbeitgeber. In bestimmten Branchen kommt man aber um die Stundenzettel nicht herum. Oft verpflichten dann die Arbeitgeber, so zum Beispiel auf dem Bau, dass die Arbeitnehmer den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit dokumentieren.

Erfassung von Mehrarbeit nach dem Arbeitszeitgesetz

Unabhängig von den Vorgaben nach dem Mindestlohngesetz müssen Arbeitgeber gem. § 16 Abs. 2 des Arbeitszeitgesetzes verpflichtet die Arbeitszeit zu erfassen, die über die werktägliche Arbeitszeit (8 h) hinausgehende Arbeitszeit zu erfassen und zu dokumentieren. Diese Dokumentation muss der Arbeitgeber wenigstens 2 Jahre aufbewahren.

genauer Vortrag der Arbeitszeit vor dem Arbeitsgericht notwendig

Bei all diesen Nachforderungen stellt sich das Problem, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich nachweisen muss, dass er hier gearbeitet hat. Es ist auf keinen Fall ausreichen, wenn der Arbeitnehmer einfach pauschal vorträgt, er habe Monat ungefähr 5 Stunden an Fahrkosten bzw. an Überstunden abgeleistet. Ein solcher Vortrag ist bei einer Lohnklage vor dem Arbeitsgericht nicht ausreichend und würde dazu führen, dass die Klage abgewiesen wird. Dies verstehen viele Arbeitnehmer nicht sofort. Der Arbeitnehmer muss also genau vortragen, an welchem Tag er wie viele Stunden gearbeitet hat bzw. für den Arbeitgeber zum Beispiel in Form von Fahrten tätig geworden ist. Kann er dies nicht, wird der in der Regel das Verfahren verlieren. Der Arbeitgeber muss diese Zettel auch nicht von sich aus im Prozess vorlegen. Zwar könnte dies das Gericht anordnen; dies geschieht allerdings oft nicht und zunächst muss der Arbeitnehmer ohnehin substantiiert vortragen.

Der Arbeitnehmer muss im Prozess genau die täglichen Arbeitszeiten vortragen.

Stundenabrechnungen helfen bei der Darlegung der Lohnklage

Und hier zeigt sich, wie wichtig die entsprechenden Arbeitsnachweise sind, insbesondere die Stundenzettel. Diese Stundennachweise, werden oft vom Arbeitnehmer geführt und dann für den jeweiligen Monat beim Arbeitgeber abgegeben. Dieser rechnet dann das Arbeitsentgelt ab, allerdings ist nicht gesagt, dass er so abrechnet, dass alle Stunden berücksichtigt werden. Hat der Arbeitnehmer noch Kopien dieser Stundenzettel, so kann genau prüfen, was der Arbeitgeber hier gezahlt hat und was nicht.

Wer muss bei der Lohnklage die geleisteten Arbeitsstunden vortragen und beweisen?

Auch für die Lohnklage muss der Arbeitnehmer genau vortragen, wann er wie lange (ggfs. mit Pause) gearbeitet hat. Ein solcher Vortrag geht meist nur mit Hilfe der Stundennachweise. Unter Umständen kann der Arbeitnehmer aber diese Stundennachweise vom Arbeitgeber fordern, z.B. nach dem Datenschutzrecht. Notfalls müsste man zunächst ein solches Verfahren auf Herausgabe der Daten führen, was umständlich ist.

Hilft die Entscheidung des EuGH den Arbeitnehmer weiter?

Vielleicht wird in nächster Zukunft auch das europäische Recht hier etwas weiterhelfen. Der EuGH hat entschieden (siehe oben), dass der Arbeitgeber, zur Überwachung der Höchstarbeitszeiten, grundsätzlich die Arbeitszeit des Arbeitnehmers aufzeichnen muss. Welche konkreten Auswirkungen dies hat, ist noch zurzeit noch nicht ganz klar. Von daher sollte der Arbeitnehmer immer die entsprechenden Stundenzettel (Kopien) aufbewahren.

Stundenzettel und Arbeitszeitnachweise immer in Kopie aufbewahren

Ausschlussfristen beachten

Darüber hinaus sollte der Arbeitnehmer beachten, dass sich fast immer in Tarifverträgen und oft auch in Arbeitsverträgen sog Ausschlussfristen befinden. Die Ausschussfrist in Tarifverträgen sind fast immer wirksam. Sollte es kein Tarifvertrag geben und im Arbeitsvertrag sich Ausschlussklausel/ Verfallsklauseln befinden, so muss vor Klageerhebung geprüft werden, ob diese wirksam sind. Nach den sogenannten Ausschlussfristen verfallen viele Ansprüche innerhalb einer kurzen Zeit, zum Beispiel innerhalb von 3 Monaten, wenn diese nicht geltend gemacht werden. Allerdings ist es auch so, dass nicht selten Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen unwirksam sind. Dies sollte letztendlich ein Anwalt überprüfen.

Lohnklagen machen über einen Rechtsanwalt oft nur ab einer bestimmten Höhe Sinn. Ansonsten kann über die Rechtsantragsstelle beim Arbeitsgericht (Berlin) der Lohn eingeklagt werden.

Rechtsanwalt Andreas Martin - Arbeitsrecht Marzahn.

Andreas Martin
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