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Trinkgeld bei Krankheit?

Was muss der Arbeitgeber als Lohnfortzahlung zahlen? Trinkgeld bei Krankheit?

In Gaststätten und Restaurants ist das Trinkgeld für die dort arbeitenden Angestellten eine nicht unerhebliche Einnahmequelle. Das wissen auch die Arbeitgeber, die in der Gastronomie nicht besonders üppige Gehälter zahlen. In Deutschland ist es üblich, wenn auch nicht aufgrund ausdrückliche gesetzliche Regelung verpflichtend, dass Gäste an Servicemitarbeiter/ an die Bedienung (Kellner) Trinkgelder zahlen. Es soll wohl auch vorkommen, dass diese Gelder mangels vorliegender Nachweise nicht als Einkommen des Servicepersonals versteuert werden.

Trinkgelder sind beim Servicepersonal oft nicht unerhebliche Einnahmen.

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Trinkgelder

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin - A. Martin

Es stellt sich die Frage, wie es sich verhält, wenn ein Servicemitarbeiter krank wird und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall beanspruchen kann, ob dieser dann vom Arbeitgeber als Lohn auch die üblichen Trinkgelder verlangen kann. Grundsätzlich gilt nämlich bei Krankheit des Arbeitnehmers das sog. Lohnausfallprinzip nach § 3 und 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes. In § 4 EntgFG heißt es u.a.: (1) Für den in § 3 Abs. 1 oder in § 3 a Absatz 1 bezeichneten Zeitraum ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Zum Arbeitsentgelt nach Absatz 1 gehören nicht das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt und Leistungen für Aufwendungen des Arbeitnehmers, soweit der Anspruch auf sie im Falle der Arbeitsfähigkeit davon abhängig ist, daß dem Arbeitnehmer entsprechende Aufwendungen tatsächlich entstanden sind, und dem Arbeitnehmer solche Aufwendungen während der Arbeitsunfähigkeit nicht entstehen. Erhält der Arbeitnehmer eine auf das Ergebnis der Arbeit abgestellte Vergütung, so ist der von dem Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erzielbare Durchschnittsverdienst der Berechnung zugrunde zu legen.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Um es kurz zu machen, das Bundesarbeitsgericht sieht das nicht so. Zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gehört dass nur regelmäßige Einkommen des Arbeitnehmers. Das Trinkgeld gehört nicht dazu. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 28.06.1995, Az.: 7 AZR 1001/94) führt dazu aus: Bei den im Entscheidungsfall zu bewertenden Trinkgeldern handelt es sich demgegenüber um Leistungen, die von den Gästen freiwillig erbracht werden. Dementsprechend gehören derartige Trinkgelder nach übereinstimmender Auffassung der Kommentarliteratur arbeitsrechtlich nicht zum Arbeitsverdienst/Urlaubsentgelt, weil auf sie regelmäßig mangels entsprechender Vereinbarung kein Anspruch gegen den Arbeitgeber besteht, sondern sie ohne rechtliche Verpflichtung als persönliche Zuwendung aus einer bestimmten Motivationslage von Dritten erbracht werden. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. Kurz gesagt, Arbeitsentgelt kann nur etwas sein, worauf man einen Anspruch hat. Auf die Trinkgelder besteht kein gesetzlicher Anspruch. Auch die Höhe lässt sich schwer bestimmen, allerdings ist dies nicht das Hauptproblem, da man bei unregelmäßig wiederkehrenden Entgelt auf den Zeitraum der letzten (3) Monate abbestellen kann. Dies ist aber nicht das Problem. Es besteht schon dem Grund nach kein Anspruch auf dieses "Krankengeld" in Form von Trinkgeldern. Im vorstehenden Fall des Bundesarbeitsgerichts konnte die Kellnerin keine höhere Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auch kein höheres Urlaubsentgelt vom Arbeitgeber verlangen. Ein Anspruch bestand nur auf den ausgefallenen Lohn ohne Trinkgeld.

Anmerkungen:

Bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall kommt es auf das regelmäßig erzielte Einkommen an. Es wäre auch ein seltsames Ergebnis, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Trinkgeld im Rahmen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zahlen müsste. Eine anderer Hintergrund ist im obigen Fall aber der, dass gerade im Bereich Gastronomie nur geringe Löhne gezahlt werden und die Trinkgelder hier ein wesentlicher Bestandteil des Einkommens darstellen.

Anwalt in Marzahn - Fachanwalt für Arbeitsrecht A. Martin

Andreas Martin
Andreas Martin