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Kann man ein Kind ohne Pflichtteil enterben?

Rechtsanwalt Andreas Martin - Berlin Marzahn-Hellersdorf Kann man ein Kind ohne Pflichtteil enterben?

Das eigene Vermögen ist oft hart erarbeitet und man möchte-nach seinem Ableben-dies so verteilen, wie man dies für richtig hält. Das gilt selbst verständlich auch für die Ansprüche der eigenen Kinder. In der Praxis ist dies leider aber nicht so einfach. Der Erblasser kann grundsätzlich nach seinem Belieben unter Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge testieren und durch Verfügung von Todes (Testament) wegen sein Vermögen unter Personen seiner Wahl verteilen. Dabei kann der Erblasser einen gesetzlichen Erben - zum Beispiel ein Kind - vom Erbe auch ohne besonderen Grund ausschließen. Auch ist der Erblasser von Verfassung wegen nicht zu einer Gleichbehandlung seiner Abkömmlinge verpflichtet. Dies betrifft die Frage der Enterbung. Das Pflichtteilsrecht des Kindes sichert dieses aber für den Fall einer Enterbung eine Mindestbeteiligung am Nachlass, die bedarfsunabhängig und grundsätzlich unentziehbar ist (Ausnahme: § 2333 BGB - Pflichtteilsentziehung) zu. Das Pflichtteilsrecht ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Wichtig ist, dass der Enterbte in der Regel einen Pflichtteilsanspruch hat. Enterbung heißt also nicht, dass der Enterbte gar nichts bekommt. Man muss also zwischen Enterbung und Pflichtteilsentziehung unterscheiden.

Enterben kann man ein Kind. Die Entziehung des Pflichtteils ist aber sehr schwierig.

Enterbung des eigenen Kindes

Ausschluss vom Erbe durch Testament

Die Enterbung eines Angehörigen ist nach deutschem Recht unproblematisch möglich. Enterbung bedeutet, dass die entsprechende Person von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Von daher können nur Personen enterbt werden, die aufgrund Gesetzes ansonsten geerbt hätten (sog. gesetzliche Erben, wie z.B. Kinder oder Ehepartner). Wenn man Kinder enterbt, sollte man auch darüber nachdenken, was mit den Abkömmlingen der Kinder, also den Enkeln, im Rahmen der Erbfolge geschehen soll. Dies sollte man alles im Testament eindeutig regeln. Wenn man Angehörige – z. B. mittels Testament – enterbt, dann gehen diese nicht leer aus. Gesetzliche Erben/ Ehegatte haben einen Anspruch auf einen Pflichtteil. Dieser beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Enterbung betrifft also nicht den Pflichtteil! Dies wird in der Praxis häufig verwechselt. Die Enterbung besagt nur, wer Erbe wird bzw. werden nicht. Der Pflichtteil hat damit erst einmal nichts zu tun. Eine Enterbung geschieht durch eine Verfügung von Todes wegen. Der Normalfall ist, dass der Erblasser ein Testament errichtet und darin entweder alle Kinder oder ein bestimmtes Kind von der Erbfolge ausschließt. Die Enterbung kann ausdrücklich im Testament erfolgen. Beispiel 1: Hiermit enterbe  habe ich mein Kind Sebastian .... , geboren am … . Weiter ist eine Enterbung, und dies ist der Normalfall, im Testament auch dergestalt möglich, dass man eine bestimmte Person als Erbe einsetzt. Dann sind alle anderen - dort nicht als Erbe eingesetzten Personen - von der Erbfolge ausgeschlossen. Beispiel 2: Alleinerbe soll meine Ehefrau, Margit ... , geboren am … sein. Im zweiten Fall sind alle Kinder enterbt, auch wenn dies im Testament nicht ausdrücklich erwähnt ist. Durch die Klarstellung, dass die Ehefrau Alleinerbe sein soll ist klar, dass alle anderen Personen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Ein Testament kann handschriftlich oder notariell erfolgen. Es wird grundsätzlich dazu geraten immer ein notarielles Testament zu errichten. Beim handschriftlichen Testament formulieren meist die Eheleute, zum Beispiel beim Berliner Testament, den Text selbst und oft sind die entsprechenden Formulierungen rechtlich sehr schlecht und später gibt es dann Streit zwischen den Erben. Ein Notar formuliert hier entsprechend juristisch genau und kann auch noch nachfragen, was eigentlich vom Erblasser gewollt ist.

Enterben heißt nicht, dass der Enterbte nichts bekommt. Er ist nur von der Erbfolge ausgeschlossen, hat aber dann noch einen Anspruch auf seinen Pflichtteil.

Pflichtteil und Pflichtteilsentziehung der Kinder

Anspruch auf einen Pflichtteil

Wie oben bereits ausgeführt wurde, muss man unterscheiden zwischen einer Enterbung und dem Pflichtteil. Die Enterbung führt nicht dazu, dass kein Pflichtteil besteht. Trotz Enterbung hat ein Pflichtteilsberechtigter weiter einen Pflichtteilsanspruch, also einen Anspruch auf Zahlung von Geld gegen die Erben. Das mittels Testament der enterbte Kind wird also nach dem Erbfall sich an die Erben wenden und von diesen die Auszahlung seines Pflichtteils verlangen. Zunächst wird das Kind wahrscheinlich einen Auskunftsanspruch geltend machen, um sich einen Überblick zu verschaffen, wie hoch der Nachlass ist. Am Ende berechnet sich ja die Höhe des Pflichtteilsanspruch, dies ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, nach der Höhe des Nachlasses. Der Nachlass wiederum setzt sich aus Aktiva (Vermögen) und Passiva (Schulden) zusammen. Eine Reduzierung oder sogar Entziehung des Pflichtteils ist schwierig. Trotzdem gibt es hier noch einige Möglichkeiten, die aber allesamt recht schwierig und aufwendig sind. Dazu zählen: Pflichtteilsentzug Verkauf von Vermögensgegenständen gegen Leibrente Pflichtteilsverzicht Schenkung zu Lebzeiten (legale) Verlagerung von Vermögen ins Ausland Adoption eines weiteren Kindes Vor- und Nacherbschaft Wahl des Güterstandes Ausstattung der anderen Abkömmlinge Nur selten ist es in der Praxis möglich eine sogenannte Pflichtteilsentziehung nach § 2333 BGB vorzunehmen. Die Anforderungen daran sind recht hoch. Dort ist geregelt:

§ 2333 Entziehung des Pflichtteils

(1) Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling 1. dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet, 2. sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht, 3. die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder 4. wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Entziehung des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils. Wenn man sich den vorstehenden Gesetzestext durchliest, dann sieht man, dass die dort aufgezählten Beispiele in der Regel ein sehr schwere Pflichtverletzung des gesetzlichen Erben darstellen. Anhand dieser Beispiele ist zu sehen, dass die Anforderungen für eine Entziehung des Pflichtteils sehr hoch sind. In der Praxis kommt diese selten vor. Auch wenn man den Pflichtteil des Kindes entziehen will und dementsprechend ein notarielles Testament errichtet und dort behauptet, dass das Kind zum Beispiel den Erblasser nach dem Leben getrachtet hat, so muss letztendlich später der Erbe auch nachweisen, dass dies tatsächlich so gewesen ist. Dies ist ein weiteres Problem und führt dazu, dass solche Pflichtteilsentziehungen in der Praxis oft schwer durchsetzbar sind, selbst wenn diese im Testament auftauchen.

Die Entziehung des Pflichtteils gegenüber einem Kind ist recht schwierig. In der Praxis ist diese oft nur sehr schwer durchsetzbar.

Anwalt in Marzahn - Andreas Martin

Andreas Martin
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