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1 Flasche Desinfektionsmittel geklaut = fristlose Kündigung!

1 Flasche Desinfektionsmittel geklaut = fristlose Kündigung!

Eine Kündigung durch den Arbeitgeber, insbesondere eine außerordentliche ist oft schwer durchsetzbar. Oft haben Arbeitgeber dabei vor dem Arbeitsgericht schlechte Karten. Anders sieht es aus, wenn ein Arbeitnehmer eine Straftat gegen den Arbeitgeber, insbesondere gegen Vermögen des Arbeitgebers, begeht. Hier sind die Chancen des Arbeitgebers für eine außerordentlich und fristlose Kündigung meist ganz gut.

Diebstahl und außerordentliche Kündigung

Zu beachten ist, dass Eigentums- und Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers grundsätzlich geeignet sind, einen wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Dabei kommt es noch nicht einmal auf die konkrete Schadenshöhe an (so Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.12.2003 - 2 AZR 36/03). Sogar Bagatelldelikte zerstören in der Regel das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (siehe auch Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2007 - 2 AZR 537/06).

LAG Düsseldorf und Entwendung von 1 Liter Desinfektionsmittel

Das Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf hatte nun einen solchen Fall des Diebstahls von Firmeneigentum durch einen langjährigen Mitarbeiter zu entscheiden und hat sich letztendlich gegen den Arbeitnehmer entschieden. Auch eine Abmahnung war hier nicht mehr möglich, sondern nur die außerordentliche und fristlose Kündigung.

Was war passiert?

Ein Arbeitnehmer nahm eine 1 l Flasche Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle vom Arbeitgeber und brachte diese in sein Auto, dass er dann verschloss. Später behauptete er, als die Entwendung aufgefallen war, dass er das Desinfektionsmittel für sich und eine Kollegin zur Benutzung während der Arbeitszeit in sein Auto getan habe. Damit kam er aber vor Gericht nicht durch, da dies nicht nachvollziehbar war. Der Arbeitnehmer war bereits sei Jahren beim Arbeitgeber tätig. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos aus außerordentlichen Grund. Gegen die Kündigung klagte der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage.

Urteil des LAG Düsseldorf

Letztendlich gab das Landesarbeitsgericht Düsseldorf dem Arbeitgeber im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens-im Berufungsverfahren-Recht. Auch eine Abmahnung war hier nicht mehr ausreichend, da das Vertrauen nachhaltig zerstört war.

Begründung des LAG

In seiner Pressemitteilung vom 14.01.2021 führte das LAG (Urteil vom 14.01.2021 - 5 Sa 483/20) aus: "Es liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Klägers sind nicht glaubhaft. Die Kammer geht davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel zugeignet hat, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahe gelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte, denn weder hatte er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich war die aufgefundene Flasche nicht angebrochen. Auch in Ansehung der langen Beschäftigungszeit war keine vorherige Abmahnung erforderlich. Der Kläger hat in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit hat er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. In Ansehung dieser Umstände musste ihm klar sein, dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete. Auch die Interessenabwägung fiel angesichts dieser Umstände zu Lasten des Klägers aus."

Andreas Martin
Andreas Martin