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OHNE CORONA-IMPFUNG – UNBEZAHLTE FREISTELLUNG?

Ohne Corona-Impfung – unbezahlte Freistellung?

In den Medien (Bild/ Donaukurier) wird derzeit die Aussage eines Zahnarztes zitiert, der seine Praxis in Bayern hat und die Impfung seiner Mitarbeiter gegen Corona mit dem Impfstoff von BioNTech SE und Pfizer Inc. organisierte. Den Mitarbeitern teilte er mit, dass alle geimpft werden müssen und wer sich nicht impfen lässt, dann gehen kann bzw. unbezahlt freigestellt wird. Es stellt sich von daher die Frage, ob dies aus arbeitsrechtlicher Sicht zulässig ist und wie sich der Arbeitnehmer dagegen wehren kann.

Besteht eine allgemeine Impfpflicht?

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin - A. Martin

Nein, eine allgemeine Impfpflicht gibt es nicht. Grundsätzlich ist es so, dass es auch keine gesetzliche Regelung gibt, wonach sich Arbeitnehmer oder auch der Normalbürger gegen Corona impfen lassen muss. In der Politik hat man dies diskutiert, aber ausdrücklich von einer gesetzlichen Regelung abgesehen. Niemand muss sich also impfen lassen. Das Infektionsschutzgesetz sieht keine solche Verpflichtung zur Impfung vor.

Kann der Arbeitgeber die Impfung gegen den Corona-Virus anordnen?

Nein. Eine Impfanordnung gegenüber der Belegschaft ist vom Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO nicht gedeckt. Der Arbeitgeber kann also nicht Kraft seines Direktionsrecht die Arbeitnehmer zu Impfung verpflichten. Eine entsprechende Weisung wäre unwirksam und brächte vom Arbeitnehmer nicht befolgt werden.

Darf der Arbeitgeber die Pflicht zur Impfung im Arbeitsvertrag regeln?

Selbst wenn der Arbeitgeber eine solche Verpflichtung zur Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus im Arbeitsvertrag regeln würde, wäre eine solche "Impfklausel" mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam. Arbeitsverträge werden nämlich durch die Arbeitsgericht streng im Rahmen der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB überprüft. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Impfung würde stark in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreifen.

Darf der Arbeitnehmer die Impfung gegen Corona verweigern?

Ja, da es keine Pflicht zur Impfung gibt, verstößt der Arbeitnehmer, der sich nicht impfen lassen möchte gegen keine gesetzliche oder wirksame arbeitsvertragliche Regelung oder Weisung. Der Arbeitnehmer muss sich nicht impfen lassen. Ob eine Impfung dennoch im sinnvoll ist (die Verschwörungstheorien sollen hier nicht bedient werden), ist eine andere Frage.

Darf der Arbeitgeber bei Weigerung des Arbeitnehmers diesen unbezahlt freistellen?

Nein, darf er nicht. Eine unbezahlte Freistellung ist ohnehin in der Regel nicht möglich. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Möglichkeit nimmt seine Arbeitsleistung zu erbringen, dann befindet er sich im Annahmeverzug und muss trotzdem den Lohn zahlen. Selbst eine Freistellung gegen Bezahlung, welche in der Praxis als Freistellungsart der Normalfall ist, muss vom Arbeitnehmer nicht akzeptiert werden.

Wie kann sich der Arbeitnehmer gegen die Freistellung wehren?

Gegen eine unbezahlte Freistellung kann der Arbeitnehmer auf Beschäftigung klagen oder auch später Lohnklage einreichen. Die Chancen, dass er seinen Lohn erhält, sind sehr gut.

Wie kann sich der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wehren?

Gegen eine Kündigung kann sich der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht wehren. Wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, stehen die Chancen sehr gut. Der Arbeitgeber kann sich nicht auf einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund oder personenbedingte Kündigungsgrund berufen. Es besteht keine Verrichtung des Arbeitnehmers sich impfen zu lassen. Selbst außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes stehen die Chancen für den Arbeitnehmer, z.B. im Kleinbetrieb oder bei Kündigung in der Probezeit, gut. Der Arbeitgeber verstößt gegen das Maßregelungsverbot, wenn er den Arbeitnehmer wegen verweigerter Impfung kündigt.

Anwalt in Marzahn - Fachanwalt für Arbeitsrecht A. Martin

Andreas Martin
Andreas Martin