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Kündigungen bei Air Berlin und das BAG

Kündigungen bei Air Berlin

Die insolvente Air Berlin beschäftigt nach wie vor die Arbeitsgerichte, insbesondere nun nochmals das Bundesarbeitsgericht.

1. Kündigungswelle bei Air Berlin

Bei Air Berlin gab es zwei Kündigungswellen. Zunächst wurden Anfang 2018 Mitarbeiter von Air Berlin im Rahmen der Insolvenz gekündigt. Mit dem Urteil des BAG aus Mai 2020 (BAG. Urteil vom 4.05.2020 - 6 AZR 235/19) wurde entschieden, dass diese Kündigungen wegen fehlender Massenentlassungsanzeige nach § 17 des Kündigungsschutzgesetzes unwirksam sind.

Kündigungsschutz und Klage

Zu beachten ist aber, dass letztendlich sich nur die Arbeitnehmer auf diese BAG Entscheidung berufen können, die tatsächlich gegen diese Kündigung aus dem Januar 2018 geklagt hatten. Ansonsten gilt die Wirksamkeitsfiktion nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes. Danach werden Kündigungen nach dem Ablauf von 3 Wochen wirksam, sofern der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig gegen diese Kündigung vor dem Arbeitsgericht klagt. Außergerichtliche Schreiben bewirken keine Einhaltung der Frist! Es muss grundsätzlich geklagt werden.

Abfindung oder Weiterbeschäftigung?

Auch gibt es hier nur eine Klagemöglichkeit, selbst wenn der Arbeitnehmer-was viele Arbeitnehmer auch tatsächlich wollen-es auf eine Abfindung abgesehen hat. Für die Abfindung und für die Weiterbeschäftigung gibt es letztendlich nur eine Klagemöglichkeit und dies ist die Kündigungsschutzklage.

zuständiges Arbeitsgericht

Örtlich zuständig ist das Arbeitsgericht am Sitz des Arbeitgebers oder am Arbeitsort des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer hat hier die Wahl - wenn es zwei verschiedene Gerichte gibt - und kann sich eins von diesen beiden Gerichten aussuchen. Beim Arbeitsort des Arbeitnehmers in Berlin wäre das Arbeitsgericht Berlin für die Klage zuständig.

2. Kündigungswelle bei Air Berlin

Nachdem bei Air Berlin festgestellt wurde, dass die erste Kündigungswelle unwirksam war, erfolgte eine zweite Kündigungswelle und es wurde gegenüber den Kabinenpersonal dann Mitte 2020 nochmals gekündigt.

Entscheidung des Bundesarbeitsgericht

Das Bundesarbeitsgericht hat nun festgestellt, dass diese Kündigungen-2. Kündigungswelle-grundsätzlich wirksam sind. Dazu führte das Bundesarbeitsgericht aus: "Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die nunmehr streitbefangene Kündigung vom 27. August 2020 hat das Arbeitsverhältnis beendet. Sie ist wegen der Stilllegung des Flugbetriebs sozial gerechtfertigt. Die Anforderungen an das nach § 17 Abs. 2 KSchG mit der Personalvertretung durchzuführende Konsultationsverfahren wurden erfüllt, insbesondere wurde die Personalvertretung ausreichend über den Zeitraum der beabsichtigten Entlassungen informiert. Die Massenentlassungsanzeige wurde gemäß § 17 Abs. 3 KSchG bei der weiterhin zuständigen Agentur für Arbeit Düsseldorf vollständig erstattet. Eine Unwirksamkeit der Kündigung ergibt sich auch nicht aus sonstigen Gründen."

Anmerkung

Die Entscheidung des BAG zeigt einmal mehr, dass es sehr wichtig ist, dass der Arbeitnehmer eine Kündigung des Arbeitgebers nicht ohne weiteres hinnimmt. Wahrscheinlich haben damals die Mitarbeiter von Air Berlin geglaubt, der Air Berlin bereits insolvent war, dass man ohnehin gegen die Kündigung nichts machen kann. Eine Vielzahl von Arbeitnehmern hatte nicht gegen die erste Kündigung geklagt. Nur wer geklagt hatte, der kam in den Genuss der Entscheidung des BAG, dass nämlich die erste Kündigungswelle unwirksam war. Für Arbeitgeber zeigt diese Entscheidung einmal mehr, wie schwierig es ist, selbst durch spezialisierte Rechtsanwälte alles im Kündigungsschutzverfahren bzw. schon beim Ausspruch der Kündigung richtig zu machen. Bestimmte Bereiche des Arbeitsrecht sind höchstrichterlich eben noch nicht geklärt worden und es besteht immer die Gefahr, dass zum Beispiel das Bundesarbeitsgericht eine ungeklärte Rechtsfrage entgegen der Ansicht der Arbeitgeber entscheidet. Dies ist oft nur sehr schwer vorhersehbar. Rechtsanwalt Andreas Martin - Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin Marzahn-Hellersdorf

Andreas Martin
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